ACR mischen Funk mit Post-Punk und klingen für mich mit ihrem ersten Song „Do the Du (Casse klingt nach Heaven 17. Das zweite Stück „Faceless“ ist eine tanzbare Funk-New Wave-Nummer. Dagegen klingt „Cripped Child“ nach Joy Division. An ACR ist schon festzustellen, dass kaum Keyboards nutzen, sondern viel mit verzerrten Gitarren, Post-Punk-Funk-Bass und Drums arbeiten. „Choir“ ist Minimal-Post Punk. „Flight“ macht die Mischung aus Talking Heads und Joy Devison komplett und sehr deutlicher wird „I Fail“ wie sehr Sänger Simon Topping wie Ian Curtis klingt. Im Jahr 1979 sind ACR auch als Vorgruppe von Talking Heads aufgetreten. Der Hauptunterschied zu Joy Division ist einfach der Funk-Einsatz bei ACR. Ansonsten ist es aber Post-Punk wie ein Stück wie „I Fail“ sehr gut demonstriert. Ursprünglich war das Album nur als Kassette veröffentlicht worden. Von einem Textteil des Song „The True Wheel“ von Brian Eno hat die Band auch ihren Namen. Auch das passt also.
Etwas anders als die erste Seite ist die Zweite geraten und da gewinnt die Musik auch noch ein wenig mehr Substanz dazu. Die Songs „All Night Party“ und „Ocean“ verströmen dazu noch etwas Krautrock-Funk von Pere Ubu. „Choir“ taucht auch nochmal in einer etwas schnelleren Fassung wieder auf. Die beiden Platten-Kassetten-Seiten unterscheidet, dass sie einfach in verschiedenen Locations (The Graveyard & The Ballroom) aufgenommen wurden. Das Debüt besteht also aus zwei Aufnahme-Sessions. Bei den Ballroom-Aufnahmen klingt der Sound wie bei einer Liveaufnahme und gewinnt dadurch – außerdem ist die Schlagzeugarbeit nun sehr viel spannender und Sänger Simon Topping greift dort auch mal zur Trompete. „The Fox“ und „Suspect“ klingen dann auch schön nach CAN. Und mit der zweiten Fassung „Flight“ und dem abschließenden „Genotype – Phenotype“ wird klar. Wer Pere Ubu und Joy Devison mag wird mit diesem Debüt keine Schwierigkeiten haben sondern es sehr schätzen. -204
Okay – wir wissen mittlerweile das Ryan Adams kein einfacher Typ ist – egal ob im Umgang mit anderen Musikern, Fans und seinen Fehlverhalten gegenüber Frauen mit denen er zusammen war oder zusammen kommen wollte. Aber er ist einer der sich entschuldigt hat, behauptet keinen Alkohol mehr anzurühren und sich wie eigentlich sonst auch in den letzten 25 Jahren in seine Arbeit als Musiker, Produzent und Solokünstler vergräbt.
Vor allem ist Ryan Adams für mich ein herausragender Singer/Songwriter der im Bereich von Americana/Rockmusik einfach richtig gute Songs raushaut und dass mittlerweile auf über 20 Platten und ich wüsste jetzt keine davon, die ich nicht irgendwie gut finde.
„Wednesday“ ist das erste von 13 (!) Alben (viele davon sind nur digital erschienen oder als Vinyl exklusiv in seinem Onlinestore erhältlich. Im „normalen“ Handel erhältlich gab es danach nur noch das Album „Big Colors“ auch aus dem Jahr 2021), dass seit dem Artikel über sein Fehlverhalten erschienen ist. Es beginnt mit dem wohl mehr als nur zufällig ausgewählten Song „I´m Sorry and I love you“. Der Song ist die Vertonung einer verlorenen Liebe und eine Entschuldigung. Da versucht der Musiker Ryan Adams den Menschen Ryan Adams zu verteidigen. Auch ein Song eines von der Liebe Verlassenen: „Who is going to love me now, if not you“. Bei diesen Songs tritt der rockige Ryan Adams absolut für den sanften Singer/Songwriter in ihm in den Hintergrund. Seine Stimme hat man kaum zuvor so sanft gehört. Tempo aufnehmen will das Album auch nicht mit „When you cross over“. Das ist aber eine wunderschöne Ballade – Countryblues könnte man es auch nennen. Adams ist halt einer dieser uramerikansichen Songautoren – da treffen Singer/Songwriter/Folk/Roots/Americana/Country/Rock/Blues zusammen und verwischen zu schöner Musik. „Walk in the Dark“ - ganz ruhige Americana Nummer – er schätzt ja das „Nebraska“ Album von Springsteen sehr (hat es auch komplett nachgespielt) und so klingen auch viele seiner Songs. Das ist nicht einfach nur Stimme und Gitarre – das ist gekonnt. „Poison & Pain“. Hier besingt er schön poetisch sein Alkoholproblem. Auch „Wednesdays“ berichtet vom Verlassen werden und den Problemen mit Alkohol und anderen Drogen. Das dies ein sehr persönliches Album ist, war ja schon mit dem ersten Songs klar, anscheinend musste er aber ein ganzes Album draus machen. Aber geht es bei Countrymusic und Heartlands-Rock nicht meistens um Liebesdramen, Tod und den Job zu verlieren? Vielleicht hatte Adams auch auf den letzten 20 Alben kein anderes Thema und ich hab einfach nicht auf den Text geachtet, weil mir die Musik wichtiger war, als die persönlichen Probleme des Autors. Wer weiß. „Birmingham“ nimmt etwas mehr Fahrt auf und ist nach all den ruhigen Nummern ganz schön – das sich Ryan Adams auch seines Talent für schnellere Americana-Nummern erinnert. Mit „So, Anyways“ wird’s direkt wieder ruhiger. Die Balladen haben halt auf dem Album die Oberhand. Mit „Mamma“ weiß ich jetzt nicht so direkt wo er damit hin will. Erklärt er seiner Mutter, das er die Frauen nicht versteht oder will er seine Mutter für sein Leid verantwortlich machen? Vielleicht schreibt er das aber auch aus der Sicht einer fiktiven Person? Wer weiß? Die Bewältigung einer persönlichen Krise ist auch „Lost in Time“ gewidmet. Am Ende träumt der Sänger von besseren Zeiten, so wie er es mal in der Vergangenheit war : „Dreaming you Backwarts. Der Song ist nach Birmingham auch musikalisch wieder sehr gut gelungen. Die ruhigen Nummern sind zwar auch nett, aber mit ein wenig mehr Tempo – gefällt er mir ja doch besser.
Das Album ist wohl letztendlich sehr persönlich und Ausdruck eines von Selbstzweifeln und von persönlichen Fehlern geplagten Künstlers. Nicht sein besten Werk, aber eins dass ich verstehen kann.
Pop in den Mitte 2010er Jahren war bestimmt – geben wir es doch zu - durch zwei Musiker/innen – Ed Sheeran (der Singer/Songwriter-Songs zu Mainstreamhits genial aufgemotzt hatte) und Adele – deren geniale Stimme einfach aus jedem Radio ins Hirn des Hörers eindrang. Beide fanden dann mit den Platten „24“ (Adele) und „÷“ (Sheeran) Einzug in meine Playlist und auf beiden sind wirklich sehr viele gute Songs zu finden. Da fiel es dann auch nicht schwer, bei stark gesunkenen Preis einfach Adele´s Nachfolge CD „30“ zu kaufen – dass ich diese gerade jetzt höre, wo sie ihre München-Auftritte hat, ist reiner Zufall – sie lag jetzt einfach oben auf den Stapel. Mal hören ob die Hitfabrik noch funktioniert oder anfängt zu schwächeln.
Ich höre seit zwei Jahren kaum noch Radio mit Mainstreamplaylisten – bei denen Sheeran und Adele eigentlich immer in Heavyrotation liefen, von daher behaupte ich mal keinen einzigen Song der CD vorab zu kennen – vielleicht aber hat sich doch der eine oder andere Ohrwurm unbemerkt bei mir ins Ohr eingeschlichen.
Fast schon Jazz: „Strangers by Nature“ oder ein Wiegenlied – könnte beides sein – aber schon etwas dick aufgetragen – da wird der Status der Pop-Diva nochmal kräftig untermauert. Von der Songlänge ausgehend, haben eigentlich nur drei Songs das Potenzial für die Heavyrotation. „Easy on Me“ ist einer davon und der ist auch richtig schön – und ja, den hab ich natürlich auch schon gehört – muss bei meinen Urlaubsreisen passiert sein – da läuft immer Sky-Radio im Auto. Aber ist auch so eine typische schöne Adele-Nummer. Schöner Jazz-Pop: „My little Love“ - da hört man wirklich dann die gereifte Sängerin und Frau. Leider wird der Song durch „Dialogpassagen“ ab und an gebrochen – was ihm immer wieder aus dem Rhythmus bringt und auch deshalb zu einer Länge von 6.29 führt. Nach dieser Therapiesitzung tut dann der Soul von „Cry my Heart out“ und „Oh my God“ richtig gut und so mag ich sie einfach. Adele kann zwar auch die ruhigen emotionalen Balladen richtig gut – aber die Stimme ist natürlich auch für Soul wie geschaffen. „Can I get it“ ist dann ein wenig Power-Pop im Ed Sheeran-Style (auch gut). Damit sind die Single-Kandidaten aber auch dann schon durchgespielt, denn Songs wie „I drink Wine“ sind auf jeden Fall in der CD-Fassung zu lang geraten. Zielgruppe ist auf jeden Fall gut mit dem Titel angesprochen – Frauen ab 30, die gerne Wein trinken, soll es ja einige geben. Der Song hat als lockerer Pianosoul seine Qualität. Es folgt ein „Interlude“ - mit dem sie musikalisch den schon 1977 verstorbenen Pianisten Erroll Garner wieder aufleben lässt: „All night Parking“. Billie Holiday-Qualität vom Gesang her: „Woman like me“. Auch der Jazz/Soul-Vibe stimmt bei dem Song. Der ruhige sanfte Grundton bleibt bei „Hold On“ beibehalten. Das Stück ist aber bei aller Liebe zur Gesangsdarbietung etwas zu lang geraten. Und da all die ruhigen Stücke und so auch „To be loved“ recht lang geraten sind, wird da das Durchhören wieder etwas langweilig. Auf der CD gefallen mir einfach die UpTempo-Stücke doch alle irgendwie besser. Aber eine Frau wie Adele hatte es in ihrer Lebensphase vor der Platte halt nicht wirklich einfach gehabt und deshalb muss sie sich wohl ihren persönlichen Blues in Balladen gepackt von der Seele singen. Theatralischer und im BigBand-Gewand einer längst vergangen Zeit – aber durchaus imponierend vorgetragen, dann der Abschluss: „Love is a Game“. Wären Balladen und Pop-Hits besser gemischt – wäre die Mischung für ein Durchhören besser – aber so – ist es auch ein gutes Adele-Album – weil Adele halt Adele ist. Aber in die Qualität der Hits von „25“ will es auch nicht so richtig herankommen, dafür waren „Hello“ und „Water under the Bridge“ einfach zu gut.
Indie-Folk-Pop machen die Schotten auf hohen Niveau. Immer wieder funkeln kleine Songperlen auf ihren Alben auf. So auch auf „The Idea of you“. Im Gegensatz zu den früheren Alben fällt auf, dass sich die Art des Gesangs von Frontmann Louis Abbott geändert hat. Seine Stimme ist sehr sanft geworden. Auch der Folk ist, wenigstens was die traditionelle Instrumentierung angeht, ein wenig verschwunden. Die Songs können aber durch schöne Melodien und schlauen Gesangsharmonien glänzen. Wer die Musik von hiesigen Künstlern wie Stefan Honig, Tim Neuhaus mag, wird Admiral Fallow sehr mögen.
Damon Albarn – The Nearer the Fountain, More Pure the Stream flows (2021)
Der arbeitswütige und immer umtriebige Damon Albarn produziert oder musiziert fleißig weiter. Anscheinend gehen ihm nie Songideen aus und so was wie Schreibblockade scheint er nicht zu kennen. Hinzu kommt, dass er sicherlich während der Pandemie noch mehr Zeit hatte sich neues Material auszudenken.
Elf Stücke sind es geworden von höchst unterschiedlicher Länge. Das Kürzeste ist 1.51 lang, das Längste 19.05 Minuten (dies ist der Hidden Track „Huldufólk“ nach „Particles“ am Ende der Platte. Mitgeholfen beim Musizieren hat unter anderen das ehemalige Sugarcubes Mitglied Einar Örn Benediktsson und Verve Gitarrist Simon Tong.
Vom ersten Solowerk „Everyday Robots“ sind eigentlich gar nicht so viele Songs in meiner Playlist übrig geblieben, aber die, die übrig geblieben sind, die mag ich dafür total gerne.
Sehr ruhig beginnt das Album mit dem Titel Stück „The Nearer the Fountain......“. Dann wird’s gar melancholisch mit „The Cormorant“. Also Leute, die den Party-Brit-Pop suchen, müssen da bisher an anderer Stelle suchen. Aber Alban war ja auch immer gerne einer, der bei seinen Arbeiten zwischen Pop und Art-Pop umherwanderte. Das verbindet ihm mit einem Thome Yorke (bei beiden ist auch für mich nicht immer alles wahnsinnig toll was sie machen, aber sie machen immer wieder einzigartige Songs – die ich nie mehr missen möchte – aber sie produzieren auch viel, das mir reicht, dass ich es einmal gehört habe).
Dann wird es aber doch etwas flotter und popiger mit „Royal Morning Blue“ und der Song gefällt mir direkt da schon besser.
Darauf folgt ein Instrumentalstück, das sich zwischen zeitgenössischer Musik und flotten Party-Pop bewegt – aber eigentlich wohl nur eine kleine Fingerübung ist – für einen Popmusiker der durchaus als ernsthafter Komponist für Aufsehen sorgen könnte. Aber ein ganz großer des Pop und Rocks ist er ja schon und ernsthaft klingen seine ruhigen Stücke auf diesenmAlbum ja tatsächlich, so auch „Dark Wader“. Nett ist das alles, aber so richtig kann mich das Material bisher nicht einfangen und auch keine richtige Begeisterung entfachen. Aber ich vermute oder hoffe, dass Stücke wie „Darkness to Light“ einen beim mehrmaligen Hören oder als Einzelstück in einer Playlist vielleicht doch noch mitzunehmen vermögen. Mit „Esja“ folgt ein weiteres diesmal ganz ruhiges und kurzes Instrumentalstück. Die Grundidee der Musik ist als Liebeserklärung an der Landschaft von Island zu verstehen und sollte eigentlich ein symphonisches Orchester-Stück werden, dass Alban aber während der Pandemie zu diesem Album erweiterte.
Mit „The Tower of Montevideo“ taucht noch ein ganz schöner Song auf, der zart schräg mich einfängt.
Noch ein Zwischenspiel mit dem Titel „Giraffe Trumpet Sea“ folgt, und bei diesen instrumental Teilen hört mal wohl, wie die Musik des Projekts eigentlich ursprünglich klingen sollte. „Polaris“ ist auch ganz schön, und von solchen Stücken hätte ich mir auf der Platte mehr gewünscht. Das reguläre Album endet dann mit „Particles“, das mit viel Anmut gespielt wird.
Der Hidden Track „Huldufólk“ beschreibe ich mal als mutwillig experimentell und erleichtert daher auch ein Hören in ganzer Länge nicht. Für Freunde der improvisierten Musik und Freien Kunst mag es aber vielleicht von einigen Unterhaltungswert sein.
So richtig ist dies Album jetzt nichts für mich – da es für mich zu wenig bietet, das ich beim ersten Hören wirklich mögen mochte. Drei gute (ganz nette) Songs von einem Musiker der viel Besseres zu schaffen weiß ist mir da wirklich nicht ausreichend genug, um jetzt ins Schwärmen zu geraten.
Ein eher unwichtiger Beitrag im Schaffen von Damon Alban. Schade. Aber ich kann ja „Barbaric“ vom letzten Blur-Album einfach weiter in Dauerschleife hören – dass ist nämlich so ein Riesensong.
Alice – Eri Con Me (2022)
Auf Angelo Branduardi folgt nun die italienische Sängerin Alice, die wie Branduardi ihre größten Erfolge in Deutschland vor vielen Jahren feierte. Aber sie macht immer noch Musik und mit dem Album „Eri Con Me“ setzt sie ihren musikalischen Gefährten Franco Battiato mit 16 Neuinterpretationen seiner größten Hits ein Denkmal. Begleitet wird sie dabei, wie bei den dazu gehörenden Konzerten von Carlo Guaitoli, der als Pianist und Dirigent fungiert. Ich selbst bin wieder auf Alice aufmerksam geworden, als ich in Dezember zwei ältere Songs aus den 80ern gehört hatte und mir dachte, dass diese Sängerin mit ihrer durchaus beeindruckenden Stimme im gereiften Alten, doch auch sicherlich ambitioniertere Musik macht und so bin ich bei dieser CD gelandet.
Und schon nach dem kurzen Introstück „Da Oriente a Occidente“ glaube ich bei dem Kauf aber so gar nichts falsch gemacht zu haben.
Im orchestralen Kleid verwandeln sich die Balladen und Chasons zu wunderschöner Musik. Das Titelstück „Eri con me“ - einfach wunderschöne Melancholie. „Lode all´inviolato“ setzt das fort. Große Gefühle, großartige Musik. Das nachfolgende Stück „Lo chi sonno?“ ist schon was kitschig – aber auch ganz schön. Dagegen erhebt Alice stimmgewaltig „E ti vengo a cercare“ zum großen Gefühlsdrama. Wieder sanfter: „La Cura“, „Povera Patria“. „Il re del mondo“ ist ein weiteres echtes Glanzstück. Das ist schon „klassische Musik“. Sanfter Schönklang: „L´animale“ und „La stagione dell´amore“. Etwas Abwechslung bringt das Pop-Klassik-Stück „Chanson egocentrique“. Danach wird’s aber wieder klassisch : „I treni di Tozeur“. Mit rauchiger Stimme zart gehaucht: „Prospettiva Nevski“ und „Sui giardini della preesistenza“. Das letzte Stück ist auch nochmal ganz sanft und schon auch traurig nachdenklich – dabei aber auch wieder sehr sehr schön: „Torneremo ancora“.
Gut das ich mich zu diesem Kauf entschlossen habe.
Laurie Anderson – Big Science (1982)
Debüt-Ablum der Performance-Künstlerin Laurie Anderson. Avengardistischer Art-Pop präsentiert die Musikerin und bewegt sich direkt mit dem Anfangsstück „From the Air“ in die eine Reihe von prominenter Musikern wie Philip Glass und Brain Eno – also erziehlt sie einen spektakulären Achtungserfolg direkt mit den ersten Tönen ihrer Platte.
Atmosphäre und eine Stimmung, die man kaum jemals wieder komplett aus seinen Hirn löschen kann, hinterlässt der Titeltrack „Big Science“ beim ersten Hören. So hinterlässt man einen bleibenden Eindruck und schafft Musik die sich hinter zeitgenössichen Kunst nicht verstecken muss.
Folkloristisch kommt das dritte Stück „Sweaters“ daher und lockert mit Fiedel und Schlagzeug, die ernste Stimmung auf. Aus Text und Geräuschen besteht „Walking & Falling“. Auf dieses folgt ein gutes Stück instrumentaler Musik: „Born, Never Asked“.
Schon ein ikonisches Stück Musik: „O Superman (for Massenet)“. Elektronik-Vocoder-(fast)Acapella-Performance-MusicArt.
„Example #22“ schließt mit seinen Bläser-Einsatz noch mal an das Stück „From the Air“ an. Das Stück hat eine gewisse Tom Waits-Brillianz. „Let X=X/It Tango“ kommt wie eine Mischung aus „Born, Never Asked“ und „O Superman“ daher und schafft daraus was neues.
Sicherlich kann dieses Album als bis heute bestehender „Türenöffner“ bezeichnet werden – das beweist, dass mit den Mitteln von Pop&Rock-Musik große für immer bestehende Kunst zu schaffen ist. Wie viele damals schon lang aktive Musiker/innen davon sich haben anspornen lassen, etwas großes zu schaffen, ist natürlich ein Ding der reinen Spekulation – wenn ich mir die Musik von Petr Gabriel, Kate Bush und anderen anhöre, die nach dem Erscheinen dieses Platte entstanden ist – bin ich aber sicher – das der Einfluss der Platte relativ groß war und bis heute MusikKunst inspiriert. Ein Meisterinnenstück.
AnnenMayKantereit – AnnenMayKantereit (2013)
Das erste und noch selbst herausgebrachte Album des Trios, direkt gekauft nach ihrem Auftritt im Druckluft, bei dem ich sie das erste mal hörte und erlebt hatte. Ihr Auftritt hatte mich als damals über 40jährigen so mitgerissen, dass ich am Merchstand beim Kauf der CD dem Sänger Henning May sagte, dass ich „verliebt sei“. Und so was sag ich nicht leichthin. Aber mit ihrer Musik, den ehrlichen ungestümen Auftreten, der Stimme von Henning May gewannen sie nicht nur mich durch ihre Liveauftritte für sich. Bei jedem schnell folgenden weiteren Konzertbesuch wuchs die Fangemeide und leider können sie mit ihren Fans jetzt schon große Hallen und Stadien füllen, was irgendwie zu ihrer handgemachten, meist akustischen Musik nicht passt, da diese doch viel besser in einem intimeren Atmosphäre passt. Aber so ist das nun mal und auch dieses erste live eingespielte Album ist immer noch ihr bestes – weil es einfach diese urtümliche Lebendigkeit dieses Trios am besten wiedergibt – oder es ist so – weil es genau die Songs sind, die mich das mit dem „verliebt sein“ haben sagen lassen und die ich immer noch, selbst nach dem hundertsten Mal immer noch liebe. Und mal wieder englischsprachige Traditionals wie „James“ und dem wunderschönen „Leavin!“ sollten sie auch mal wieder auf ihren Platten haben. Aber trotz dieser Kritik an die erfolgreich gewordenen Musiker, mag ich sie immer noch. Alber live will ich sie einfach nicht mehr in großen Hallen erleben wollen. Dann höre ich lieber zum einhunderterstenmal diese CD. Aber für diese gebührt ihnen immer ein großes Dank.
Schon der Gesang und die Aufnahme der Instrumente bei „Wohin Du gehst“ hat einfach mehr Authentizität als beim offiziellen ersten Studioalbum „Alles Nix Konkrtes“ (die Hansastudios haben einfach nicht den Charme des Longericher Bahndams (!)) und der und die weiteren Song nehmen einen mit durch sihren Folksongcharme und der Text und da haben wir ein weiteres Erfolgsgeheimnis der Band, der Text spricht sowohl Altersgenosseninnen der Band an, als auch Menschen, die sich vielleicht als Vollerwachsen bezeichnen. Und die älteren Zuhörer werden noch durch die Gesangsleistung bei den englischen Titeln wie „James“ und „What he wanted“ angesprochen und eingefangen. Wie ein so junger Mann, eine so verlebte Stimme haben kann – ist nicht nur Frage, sondern einfach etwas total Mitreißendes. Der schon genannte zeitlose Folkrockcharme der Songs erledigt den Rest.
Auf der Straße wurden die Songs getestet und schienen schon dort Begeisterung bei dem Vorbeigehenden und Stehengebliebenen ausgelöst zu haben. So funktioniert jedes Stück der CD. Egal ob „Jeden Morgen“, „Schon krass“, das Antiliebeslied „Mir wäre lieber Du weinst“. Natürlich gibt es die herausragenden „Barfuß am Klavier“ und „Oft gefragt“ - die auch fürs Mainstreamradio gut genug gewesen sind. Christopfer Annen, Henning May, Severin Kantereit auf der Höhe ihrer Kunst und dabei standen sie da eigentlich ganz am Anfang ihrer Karriere.
Und der Abend im Druckluft sollte auch noch fantastisch bleiben, weil danach durfte ich auch zum ersten Mal die fabelhafte Kat Frankie zum ersten Mal live erleben. Legendäre Live-Abende gibt es halt nur in den kleinen Location, glaubt mir dass.
Antony and the Johnsons – Thank you for your Love (2010)
Exzellenter anspruchsvoller Indie-Chamberpop mit ganz viel Gospel und Soul-Einfluss, der wie immer bei Antony (später Anohni and the Johnsons) stark von der prägenden Gesangsart von Anohni Hegarty geprägt ist. Bei dieser EP mit fünf Songs – kann man als Fan der Band nichts falsch machen.
Leicht melancholisch, aber wunderbar träumerisch und irgendwie strahlt die Musik von Antony and the Johnsons immer ganz viel Hoffnung aus – und davon können wir ja gerade in diesen Zeiten ganz viel gebrauchen. Mein persönliches Highlight der EP ist dass total süße und schöne: „Pressing On“ - das ist ein ganz besonders Stück Musik. Und wenn Antony and the Johnsons „Imagine“ covern – einfach nur Wow!
Das dritte Album war für Fiona Apple eine schwere Geburt. Eine erste Fassung des Albums war schon 2003 produziert worden, doch das Ergebnis gefiel dem Plattenlabel nicht – da es einen zu geringen kommerziellen Erfolg versprach. 2005 kam das Album dann doch in einer stark überarbeiteten Fassung heraus (vorher tauchten immer mehr der unveröffentlichte Stücke auf).
Das Titelstück „Extraordinary Machine“ mit seinen Streichern und Bläsern klingt wie aus einem Schwarzweiß-Hollywood Musical – ist aber einnehmend. „Get him Back“ ist eine leicht schräge Rocknummer – der aber der Bigband-Sound immer noch anhaftet. „O´Sailor“ bestätigt das leicht Schräge in der Melodie und damit erinnert Fiona Apple auch wegen des Pianos im Vordergrund der Musik an einen Randy Newman. Tatsächlich ist die Musik nicht ganz leicht zugängig – aber Fiona Apple möchte ja auch Art-Pop machen und keinen Pop. „O´Sailor“ kann aber tatsächlich am Ende überzeugen – weil der Song sehr gut funktioniert und es am Ende schafft den Hörer einzufangen. So kurz nach dem Hören von Julia Holters „Loud City Song“ fühle ich da eine gewisse Parallele der beiden Singer/Songwriterinnen in der Liebe zum Bigband-Sound (auch wenn er ohne Bigband erzeugt wird). „Better versions of me“ das auch schon zu viel nach dem zuvor gehörten „Get him Back“ klingt – überzeugt nicht. „Tymps (The Sick In The Head Song)“ bringt den Swing der 20er und 30er in die Gegenwart, mehr aber auch nicht. Irgendwie fehlt dem ganzen etwas Herz und Seele – da scheint wieder zu viel Kunstgedanke die Musik zu stören (oder ich verstehe die Künstlerin einfach nicht). Weil es einfach eine zeitlose „Sängerin am Klavier-Nummer“ ist – ist „Parting Gift“ gelungen. Bei „Window“ stimmt auch alles. Eigentlich könnte Fiona Apple so gut sein wie eine Leslie Feist und mit ihrer Musik genauso begeistert, denn das beweist sie mit „Window“. Sie macht bei „Oh well“ auch nicht viel falsch – aber auch dem Song hängt ein Aber an. „Please Please Please“ fällt bei mir durch. Da ist mir das ruhige „red red red“ doch wieder viel lieber. „Not about love“ - hilflos sag ich: jein. Und beim Schlussstück „Waltz (better than fine)“ bin ich einfach schon froh, das die CD ein Ende hat.
Ich als Mischung aus der Musik von Randy Newman und Feist ist der Sound der Platte gut beschrieben – aber nur die Hälfte der Songs dürfen in meiner Playlist erstmal bleiben.
Fiona Apple – The Idler Wheel is Wiser.... (2012)
Angespornt durch den schönen Titelsong der Serie „The Affair“ von Fiona Apple hatte ich mir zwei CDs geholt. Die erste, die ich gehört hatte, war „Extraordinary Machine“ und diese fiel wegen zu viel Wille zur Kunst und weniger zu guten Songs bei mir ziemlich durch. Aber da ich zwei CDs gekauft hatte, bekommt Fiona Apple bei mir noch eine weitere Chance. Mal hören ob das nachfolge Album mir besser gefällt.
Wer das Vorgänger-Album gehört hat, erkennt die Musikerin und ihren Stil direkt beim ersten Stück „Every single Night“ wieder - aber sie presst diesen diesmal etwas zurückhaltender in einen recht ruhigen Song. Und „Daredevil“ klingt gegenüber dem Material des Vorgängeralbums einfach mehr nach ausgefeilten Songwriting als nach ausgefeilter Musikkunst. Diesmal schafft sie es, ihre Musik so klingen zu lassen, dass das Hören Spaß macht und keineswegs anstrengend wirkt. Als Vergleich fällt mir da am meisten die französische Musikerin Camile ein. Auch „Valentine“ begeistert mich. Art-Alternativ-Songwriter-Pop-Rock. Ausgezeichnet wurde das Album mehrmals in der Sparte „Alternativ“ und wurde auch in vielen Best-Listen aufgenommen.
Bei den meisten Stücken ist das Klavier das tragende musikalische Element, hinzu kommt meist noch Schlagwerk (Fiona Apple hat die Stücke zusammen mit ihren damaligen Touring-Drummer Charley Drayton produziert und aufgenommen). „Jonathan“ - ist das Stück, bei dem diese zwei Elemente sehr auffällig sind. Dies setzt sich bei „Left Alone“ fort. Bei den Stücken klingt die Musik etwas düsterer als bei den Stücken zuvor, und den Hang zum Sound der Musik der 30er bis 50er Jahre, der ja beim Vorgängeralbum sehr dominant war, schlägt auch immer wieder durch.
Wenn Fiona Apple etwas folkiger klingt, wie bei „Werewolf“, dann erinnert sie mich auch vom Stil her an die Musik der von mir aktuell sehr geschätzte Jesca Hoop. Und so mag ich Fiona Apple wirklich gern hören. Auf jeden Fall ist das Album jetzt schon sehr viel besser, als das Album zuvor – also kann man gerne jeden Musiker/in eine zweite Chance geben – einen Künstler/in nur an einem Kunststrück fest zu machen, ist auch alles andere als fair. Es ist halt alles nur eine Phase. Und ich hab viele Musiker/Bands bei denen ich immer die Alben einer besonderen Schaffensphase mehr mag, als die eine oder andere frühere oder spätere.
„Perifery“ setzt den Art-Folk-Style sehr schön fort. Wirklich wie ein Alternative-Folk-Rock-Song klingt „Regret“ - da trifft das Alternativ-Label mal zu.
Zugeben muss ich, dass ich nach acht Songs sattgehört bin und bei „Anything we want“ und „Hot Knife“ - als Einzelsongs wieder sich ganz toll sind – meine Konzentration und der Wille zum Weiterhören sich etwas senkt – da merke ich – dass das dann wohl doch alles etwas zu gleich klingt und mich nicht mehr so richtig in Begeisterung versetzt. Aber Fiona Apple hat mich zum Weiterhören ihrer Musik mit diesem Album überzeugt.
Das zweite Album der Singer/Songwriterin aus L.A. hätte auch aus den 70ern stammen können. Marina Allen muss sich dabei vor den Größen wie Joni Mitchell oder Carol King nicht verstecken.
Die Songs funktionieren glaube ich gerade so gut, weil keiner davon was mit Countrymusik zu tun hat und die sparsam eingesetzten Bläser und Streicher sehr effektiv eingesetzt werdeb. Neben Stella Donelly die zweite gute Entdeckung dieser Art in letzter Zeit.
Das Trio Angela Aux, Marcus Grassl und Cico Beck hat die Stücke des Albums in Sessions und bei Liveauftritten entwickelt. Herausgekommen ist ein Konzeptalbum, dessen Inhalt die Frage stellt, wie der Mensch in der Zukunft wohl ticken wird. Eine Blick in die Zukunft ohne große Kämpfe und Endzeitstimmung.
Die Musik dazu fällt ein wenig aus der Zeit. Indie-Art-Folk.
Es klingt am Anfang bei „Desert Something“ akustisch und elektronisch zugleich, da läuft viel zusammen und der Gesang hält sich fast im Hintergrund und geht mit der Melodie eine Symbiose ein. Es kann aber wie beim zweiten Stück „The other Rainbow“ trotz Hippieorgel mitgetanzt werden. Bei „How Mellow the Sun“ pfeift es aus den Mündern und den elektronischen Flöten und es wird sogar dazu süß gerapt. „Make it Rain“ ist ein süßer Folksong.
Könnte auch eine ruhige „The Notwist“ Nummer sein (Cico Beck hat da ja nach Martin Gretschmanns (Console) Weggang dessen Platz übernommen). Das kurze “Transmission II“ klingt wie friedvolles Radiohead Gefrickel. „The Concsious Stone“ treibt den schönen Elektrofolk weiter voran. „Atlas Daze“ hat was von dem Westernsound eines Enrico Morricone. Ab in die Zukunft mit Italo-Western-Drive. Der ruhige Grundton wird mit „Beta Mourning Journal“ fortgeführt.
„Down to Dust“ ist tiefenentspannt. Space-Rap-die Zweite: „Devil´s Deimond Memory Collection“. Das Stück entwickelt sich zum ZukunftsKrautrock. Den Abschluss macht „Universe Keeps Spaces“. Dann ist nach 42 Minuten auch schon Schluss. Schade, Schade, Schade. Davon brauch ich mehr. So was AntiAgressives wie diese Platte hat diese Welt bitter nötig. In der Zukunft, im Hier und Jetzt.
Drittes Album der kanadischen Indieband. Die Musik lässt sich am einfachsten als Alternative-Rock bezeichnen, mit verträumten Gesang von Sängerin Molly Rankin und am Anfang stark verzerrten Gitarrensound, der eher stört als den jeweiligen Song zu bereichern.
Vergisst das Trio ab den dritten Song den verzerrten Sound einzusetzen, wie bei „After the Earthquake“, kommt da starke Musik bei heraus. Auch das ruhiger „Tom Verlaine“ ist netter Shoegaze-Sound. „Pressed“ ist etwas für Post-Punk-Fans, „Many Mirrors“ etwas für Cocteau Twins-Fans. „Very Online Guy“ überrascht mit ganz eigenen Indie-Sound-Note (sehr gut!). Fluffig gehts weiter mit „Veleveteen“ was für War on Drugs-Fans. „Tile by Tile“ ist ruhig, verträumt, schön. Pixies-Sound mit „Pomeranian Spinsters“ erhöht das Songtempo um 90%. „Belinda Says“ ist nochmal kraftvoll und gefällig. „Bored in
Bristol“ hat noch einmal diese ganz eigen Note. „Lottery Noises“ beendet das Album.
Damit werden „Alvvays“ neben „Momma“ und „A Void“ zur weiteren guten Indie-Neuentdeckung.
Zwei exzellente Akustikgitarrenspieler spielen auf dem Album meist schöne Instrumental-America Musik. Musik, die einen mitnimmt in die Weiten der amerikanischen Landschaft und darüber hinaus. Desert-Soul.
Mit „Something will come“ erhöhen das Duo aber das Tempo und spielt einen treibenden elektrisch verstärkten Gitarrensound. Nach diesem Sturm, wird es aber wieder ruhiger.
„The album is about loss and how we´ve all experienced it. We hope you can all relate. If you can´t relate then you aren´t human and you deserve to die“
Die Songs stimmen vom Text her einen nicht sehr optimistisch. Wie bei dem Vorwort zu erwarten, geht es um Verlust – von Liebe, Glauben, Freunden.
Eingehüllt ist dies zu Anfang in gradlinige und nach vorn dreschende Rocksongs, die an Spacer-, Psychodelic und Stonerrock angelehnt sind. Nennen wir es einfach Alternativ Rock. Durch die Musik erscheint der hier besungene Verlust meist in zorniger Montur wiedergegeben zu werden. Nach drei Songs wird es etwas ruhiger und melodiöser. Und Single-Material bietet der sehr eingängige Song „The Dragonfly Queen“. Mit orchestraler Einleitung startet „How to avoid huge ships“, um, sich ständig an Kraft steigernd, wieder zu härteren Sound zu kommen. Nach einer kurzen instrumentalen Rockoper „Like Summer Tempests Came his Tears“, endet das Album mit dem hymnischen „Sound of Silk“.
Wer kraftvollen Rock mag, der ist hier richtig. Sicher könnte das auch was für ProgRockFans sein. Mich hat die Band damit erstmal für sich gewonnen.
Die Bonusstücke: Beide Instrumental. „Keep warm fire“ bietet eine orientalische Melodie. „Feelings and how to destroy them“ nochmal eine schöne nicht ganz so harte Rocknummer.
Die EP „Tao of the Dead – Part 3“ setzt den Sound des Albums nochmal fort. Wer nicht genug von dem Sound der Band bekommen hat, für den ist dies noch eine schöne Zugabe.
Antilopen Gang – Alles muss repariert werden (2024)
Die Antilopen Gang sind für die einen zu viel Rap und den anderen zu viel Punk. Nun gibt es für jede Fraktion einfach eine eigene Platte. Durchhören sollte man aber beide Platten oder Discs, denn sonst entgeht einen das eine oder andere ganz tolle Lied und ich höre ja Rap auch eher selten und ich höre auch nicht jeden Tag Punk, aber ich höre gerne gute Songs und gute Texte und zwischen Betrachtungen der (politischen) Gegenwart bis zum alltäglichen Wahnsinn bieten die Texte der Antilopen Gang dann doch einiges für mich und so manchen Song finde ich einfach auch nur absurd gut, also lustig (davon gibt es gerade auf der Punk-Platte einige von). Und das „Ruhrpott Rodeo“ bekommt einen eigenen Song und alle Punk-Fans im Pott werden begeistert mitsingen (außer sie fühlen sich doch von der Gang auf dem Arm genommen – aber Punks haben ja Humor und tief innen waren Panik Panzer, Koljah und Danger Dan doch immer schon Punks (und eben verdammt gute Rapper – also im „Direkten Vergleich“). Den Rest müsst Ihr Euch selbst anhören.
Die Stimme von Anohni (früher Antony Hegarty) ist von Anfang an so einprägend und so ungewöhnlich, dass sie damals von Anfang an Aufmerksamkeit und Begeisterung hervorhebte. Eine Stimme, die man sich im Varieté gut vorstellen kann, ist in der Indie-Musik schon was besonderes. Das Anohni sich für die Trans-Bewegung einsetzt, sei hier erwähnt, ich würde aber eher auf die Musik der Debüt-Platte eingehen wollen. Die Songs sind mit Orchesterinstrumentierung eingespielt (also mit Streichern, weniger mit Bäser) und von daher trennt sich hier die Musik von den üblichen Rock und Pop-Kategorien. Das ist anspruchsvolles Songwriting, höchst effektvoll, dabei aber keinesfalls anstrengend, sondern mega gefühlvoll. Rufus Wainwright macht eigentlich ähnliches, doch empfinde ich seine Sachen eben eher als anstrengend. Diese klassische Instrumentierung passt auch einfach zu dieser höchst emotionalen Stimme und den Melodien und ließ sich in späteren Jahren glaube ich auch wegen dieser Ausrichtung gut mit einem elektronischen Klangteppich verbinden.
Eines schönes Beispiel für die Musik von Antony and the Johnsons ist „River of Sorrow“ welcher mit meinem Lieblingssong der Band „Fistful of Love“ vom 2005 Album „I am a Bird now“ viel Ähnlichkeit aufweist. Für mich ist das große Musik zum Schwelgen, Träumen, Wegtauchen. Fremde Emotionen einfach aufsaugen und die daraus gewonnenen neuen Emotionen einfach genießen. Das kann diese Musik und ist deshalb so besonders.
Die Offenbarungen des Johannes als Doppel-Konzept-Album und das im Stil einer Progressiv-Rock-Band. Angeführt von Komponist und Keyboarder Vangelis Papathananassiou kann man das Album als Experimentelles-Rock-Album verstehen. Stilvielfalt bietet das Album vor allem wegen zahlreiche Brüche und auch Einflüsse der orientalischen und arabischen Musik. Herausragend ist natürlich der Song „The Four Horsemen“ der gerne in Clubs und Discos eingesetzt wurde. Das Vangelis ein vielbeachteter Solokünstler wurde und gerade durch seine Arbeit als Filmmusiker Anerkennung und Auszeichnungen gewonnen hat, dürfte keine neue Meldung sein. Demis Roussos, der bei Aphordite´s Child für Gesang und Bass zuständig war, hat als Schlagersänger in Deutschland größere Erfolge feiern können. Seite 2 des Doppelalbums besteht aus kleinen Songminiaturen von denen die rockigen Stücke ruhig länger, die experimentellen Zwischenstücke aber ruhig hätten kürzer sein können. Aber es ist zu hören, dass Aphrodite´s Child mit den damaligen Größen des Prog-Rocks durchaus mithalten konnten und irgendwie hört man auch, dass Vangelis sich schon zu dieser Zeit eigentlich größere Ziele gesteckt hatte und in seinen Kompositionen nach dem Besonderen suchte. Einfache Rockmusik war ihm da schon keine Herausforderung mehr.
Seite 3 hat wieder mehre Einzelstücke mit teilweise sehr guten Passagen. Der Titel „Unendlichkeit“ wurde wegen seines an einen Geschlechtsakt erinnernden Gesang von Irene Papas zum kleineren Skandal und hätte beinahe die Veröffentlichung verhindert. Sollte man auch heute vielleicht nicht laut bei offenen Fester hören, so wie ich es gerade mache. Die letzte Seite besteht aus dem fast zwanzig Minütigen „All the Seats were occupied“ welches mit starken Psych-Rock Passagen glänzt. Das letzte Stück „Break“ beendet das Album etwas verträumt. Aufgenommen wurde das Album im Europasonor-Studio Paris, dort haben später auch Pink Floyd ihr Alben „Meddle“ und „The Dark Side of the Moon“ aufgenommen.
Eine der Bands von denen ich auch immer mal was hören wollte, war und ist „Archive“. Jetzt mache ich mal genau das – ich höre mir ihr Debütalbum an (Wissenslücke schließen). Irgendwie dachte ich vom Coverlayout der Platten, die würden sich wie Pink Floyd oder Progrock anhören. Dabei stammen sie – was man auch dem ersten Song ihres Debütalbums „Old Artist“ anhört, unverkennbar aus dem Trip-Hop Genre. So hatte ich da schon mal was ganz anderes erwartet.
Mit mir und dem Trip-Hop ist es nicht immer so ganz einfach, da mich so manche Trip-Hop-Platte, die ich in einem Stück durchgehört habe, doch etwas langweilt, weil es den Alben meist an Abwechslung fehlt, oder weil mich die düstere Stimmung auch zunehmend herunterzieht und nicht unterhält, sondern eher anstrengt – auch das das Genre einiges an Rap-Gesang mit drin hat – ist für mich leider eher ein Grund, warum so viele Stücke bei mir auch nicht funktionieren – bin halt zu selten vom Rap-Musik begeistert.
Auf jeden Fall sind die ersten Stücke typische Vertreter des Trip-Hop-Genres und damit bieten sie diese Mischung aus Drum & Bass, düsteren Soul und Blues und Psych-Dance-Rock. Dann gibt es auch noch Sprech-Rap-Gesang wie bei Stück: „So few Words“ und das haut mich wie geschriebe meist raus, weil es dann wirklich musikalisch langweilig wird, auch wenn der Sprechgesang bei dem Stück ganz ansprechend von gefühlvollen Soulgesang unterbrochen wird. Aber irgendwie klingt beim Trip-Hop zu viel gleich. Egal ob du Massive Attack oder anderes hörst – es könnte meist von ein und dem selben Musiker produziert und eingespielt worden sein und keiner würde es direkt merken, wenn der Song „So few Words“ auf einem Massive Attack-Album wäre, niemand würde merken, dass da andere Musiker am Werk sind - da könnte ich drauf wetten. Weil „Headspace“ dann doch schon einen schönen Soul-Touch hat – mag ich den Song dann doch mal ganz gerne hören. Auch ein Song wie „Darkroom“ ist nicht wirklich schlecht – aber er leidet eben unter dem „hasst Du einen gehört, hast Du alle gehört“ Eindruck. Also eher wieder eine Platte, die mit vielen Einzelstücken vielleicht in einer auf „Zufallswiedergabe“ eingestellten Playlist glänzen kann.
Das sanftere Titelstück „Londinium“ hätte mich mit seinem sanften Soul am Anfang sogar richtig begeistern können, würde dieser nicht dann doch wieder vom Sprechgesang abgelöst. Schade. Aber mit dem doch guten Instrumentalteil des Stücks rettet sich dieses aus der Masse des Mittelmaßes zu heraus und begeistert mich am Ende doch. Mit „Man-Made“ fällt die Platte dann aber ins Trip-Hop-Einerlei zurück. Danach holt mich erst der ausgefeilte Rhythmus von „Pavaneh (Butterfly)“ wieder zurück – der Song zählt auch zu den besseren Vertretern seines Genres. Mit Trip-Hop/Rap-Mix der schon ein wenig Faithless-Qualität hat: „Beautiful World“. Und auch der Song raus entwickelt nach hinten raus einiges an unerwarteter Qualität.
Mit Streichereinsatz beginnt „Organ Song“ und das Orchestrale steht den melancholischen kurzen Instrumentalstück auch ganz gut. Sanfter Abschluss gibt es auch mit „Last Five“ - den man schön als modernen Psych-Folk-Beitrag zählen kann.
Ein Album das durchwegs mit der Schwäche des Trip-Hop-Genres leben muss – dass sich da alles ziemlich gleich anhört – aber ein paar gute Einzelstücke lassen sich durchaus auf dem Album finden. Und ich hab eine musikalische Wissenslücke geschlossen, aber auch wohl nur zum Teil, da es bei Archive durch wechselnde Musiker in der Gruppe auch immer mal zu Stiländerungen gekommen sein soll – also vielleicht gilt bei ihrem Werk nicht immer „kennst du eins, kennst du alle“. Also vielleicht auf ein Wiederhören. Ach und am Ende des Albums gibt’s ein Hiddentrack – Überraschung.
Sampling mit dem Fairlight CMI Syntheiser wurde nicht nur von Musikern wie Peter Gabriel, Kate Bush, Thomas Dolby genutzt (um ein paar wenige zu nennen), sondern auch von Trevor Horn für dessen Produktionen seines eigenen ZTT Records Label (Frankie goes to Hollywood, Propaganda, Seal) und andere). Das labeleigene Hausorchester war „The Art of Noise“ mit Anne Dudley, J.J. Jeczalik und Paul Morley und Gary Langan und eben Trevor Horn, der unter anderem bei „Yes“ Bass spielte. Das Besondere an Art of Noise sind die popigen Melodien aus und mit Samplings gemacht, die mehr für Hitparaden gemacht sind, als die eher dahintreibende instrumentale Elektronik aus Deutschland. Dazu gehörte auch wie bei allen ZTT-Produktionen eine sich pompös anhörende Produktion (für die das Label ja gerade bei seinen Maxisingles sehr bekannt war und die auch heute noch grandios klingen) und ein paar (für damalige Zeiten) knackige Videos (Bonus DVD), die bei der Vermarktung halfen. Highlights sind sicherlich die Stücke „Beatbox“ und „Close (to the Edit)“, die sich aber sehr ähneln und das ruhige „Moments of Love“ (welches problemlos in den „Blade Runner“ Soundtrack gepasst hätte).
Aber schon das Eröffnungsstück „A Time of Fear (Who´s afraid)“ zeigte, dass sie technisch es mit Kraftwerk aufnehmen konnten und auch mit Elektromusikern von Heute. Im Nachhinein könnte man „Beatbox“ und „Close (to the Edit)“ als Weiterentwicklung von„Rock it“ (1983) von Herbie Hancock einordnen, dessen Drumsounds eindeutig übertrumpft werden.
Und so wurde instrumentale Elektromusik mit Art of Noise Charttauglich gemacht.
Meine einzige richtige Erinnerung an die Asian Dub Foundation ist, dass ich sie mal als Vorgruppe von Radiohead gesehen hatte und das ich beim Auftritt eigentlich Spaß hatte – aber mir nicht vorstellen konnte, dass mir das auf der Länge einer CD genug gefallen konnte. Jetzt bin ich auf eine Rezension ihrer Platte von 2020 gestoßen und hab mir gedacht – warum nicht mal das Debütalbum anhören? Also mache ich dies nun.
Elektronik-Drum & Bass-Ethno-Reggae-Rap gemixt zu einem neuen großen Ganzen und dies mit politischen Texten gepaart: Das ist die Asian Dub Foundation. So klingt „Witness“, das Eröffnungsstück der Platte wie eine Mischung aus vielen bekannten Musikstilen und funktioniert auch auf der Lauflänge des Songs mit dieser ganzen Bandbreite des musikalischen Stilmixes. Und es ist alles Musik wie auf einem Mixtape der 90er Jahre. Man sollte aber die Musik elektronischer Musikacts wie Faithless und Prodigy und dies gemixt mit Beastie Boys-Gesang mögen, um was mit der Musik der Asian Dub Foundation anfangen zu können. „P.K.N.B.“, das zweite Stück geht auf der Hälfte etwas die Luft aus – das könnte ein Problem auch bei den weiteren Songs sein, die alle meist die sechs Minuten Lauflängengrenze überschreiten. Der Drum & Bass und Dub-Rap-Mix fängt tatsächlich, obwohl er gut produziert und musiziert ist, schon beim dritten Stück „Jericho“ an zu langweilen – weil sich dass dann doch irgendwie alles gleich anhört (was vor allem am schnellen Rap-Gesang liegt – der wirklich immer gleich ist (wohl auch ein Grund warum ich mit Rap-Music nie wirklich was anfangen konnte). So sind dass alles wieder mehr Songs, die man als Einzelstücke in einer Playlist gut hören kann, zusammen aber schnell anfangen zu langweilen (oft benutzte Beschreibung für Platten mit elektronischen Beats bei mir). Dann folgt aber als vierter Song „Rebel Warrior“ und der ist mal nicht so düster, mit schönen Synthsounds und sofort ist man mit viel Spaß beim Hören dabei – Super Song. Und tatsächlich scheint das Album noch die Kurve zu kriegen, da auch „Journey“ (der wirklich wie ein Faithless-Song am Anfang klingt) mal das Tempo herunterschraubt und auch durch glänzende Sounds begeistert.
Als ich „Strong Culture“ höre, denke ich, das Asian Dub Foundation den Ethno-Rap schon perfektioniert und in eine höhere Ebene getragen haben und so gut als Aushängeschild für coole Globalisierungs- und Massenkapitalismusgegner funktioniert – so dass man mit guten Gewissen drauf abtanzen kann.
(aber zum Hören ist der Song leider einfach wieder zu lang geraten und bietet zu wenig Abwechslung). Bei „Th9“ muss man wieder großer Fan von The Prodigy und Dub-Rap-sein. Aber die Melodie ist schon schön vorantreibend. Percussion-Klänge eröffnen fast jeden Song um dann von elektronischen Sounds, Bass, Gesang und Rhythmusmaschinendrums eingeholt und überlagert zu werden. Weil er den Ethno-Anteil gut mit den Beats mixt ist „Tu Meri“ wieder einer der besseren Songs der Platte.“Debris“ ist dafür für mich wieder eher nichts – da wird’s dann wieder langsam langweilig, obwohl ein paar der Sounds und Beats eigentlich recht gut sind – aber der nach Italo-Western klingende Refrain-Teil haut mich aus dem Stück immer wieder raus. Bei „Box“ bin ich dann richtig gelangweilt und wünsche mir dann doch langsam ein Ende der CD herbei. Am Ende gibt es zwei Stücke in „Dub Version“. „Thacid“ ist dann mal eine ganz ordentliche Drum & Bass/Reggae-Nummer und auch mal ganz instrumental – was ich an der Stelle dann richtig begrüße. „Return to Jericho“ ist dann ebenfalls instrumental und beendet die Platte.
Die Asian Dub Foundation macht vieles richtig, nur übertreiben sie es gelegentlich mit der Songlänge etwas und ein wenig mehr Abwechslung täte der Platte gut – aber ein paar Songs sind richtig gelungen und die Beats und Sounds des Ethno-Raps sind durchwegs gut produziert. Außerdem ist die Platte eine schöne Reise in die guten 90er. Und der Song „Rebel Warrior“ wird meine Playlist nicht mehr verlassen.
Richard Ashcroft – Keys to the World (2006)
Für mich ist das ein einfach großartiges Popalbum, auf dem jeder Song problemlos als Single-Auskopplung funktioniert und das Kopf und Herz der Hörer im Sturm einnimmt. Die Songs mögen jetzt den Brit-Poppern zu poppig sein, dem Alternativhörer zu schnulzig, aber ich finde es einfach großartig. Ein Album voller sehr guter kraftvoller Song. Ganz große Pop-Kunst.
Während „Why Not Nothing“ noch ein gut gerockter Party-Rock-Song ist, beginnt die Aneinanderreihung gekonnter Pop-Perlen mit „Musik is Power“. Solch Stücke finde ich einfach wundervoll. Zelebrieren sie doch die Kraft der Musik und warum wir ihr immer wieder verfallen. Gegen einschmeichelnde gute Musik – die vielleicht den Musikkritiker zu einfach gestrickt und zu berechnend auf ein großes Publikum abzielend sind – da sag ich – scheiß egal – funktioniert doch großartig. Und das gilt dann auch für „Break the Night with Colour“ (der Songs kann es sogar mit „Wonderwall“ von Oasis meiner Meinung nach aufnehmen), „Words just get in the Way“ und „Keys to the World“. Das süße „Sweet Brother Malcom“ mag ich auch sehr. Mit „Cry til the Morning“ und dem herrlichen „Why do Lovers“ geht der Songreigen absolut gekonnt weiter. Mainstream-Musik auf dem Niveau lasse ich mir total gerne gefallen. „Simple Song“ - vielleicht ist das das Rezept, aber es funktioniert, wenn es gut gemacht ist und auf diesem Album sind die Songs gut gemacht. Ashcroft´s Stimme trägt aber einen großen Teil dazu bei – um einen einfachen Song zu was besonderen zu machen, braucht es auch einen guten Interpreten. Zum Ende was sanfter Rock: „World Keeps Turning“. Ich mag das Alles!
Austra – Feel it Break (2011)
Das Debütalbum des Musikprojektes Austra deren einziges gleichbleibendes Mitglied die kanadische Musikerin Katie Stelmanis ist, beginnt mit dem Song „What we done“. Synth-Pop trifft auf Art-Pop-Electronica und wird getragen von Katie Stelmanis ungewöhnlichen Gesang. Erinnert an eine frühe Björk und den Indiepop von CocoRosie, aber bei Austra ist dies durchaus radiotauglich (gefällig im guten Sinne). Noch mehr im Synth-Pop-Modus: „Lose it“. Es ist aber ein wenig zu eingängig, was Austra da musikalisch bieten und deshalb ist es auch ein wenig so, als ob man ähnliches schon (zu) oft gehört hat. Der Song „The Future“ bietet davon mir nicht viel oder zu wenig. Danach fällt aber „Beat and the Pulse“ durch seinen 80er Jahre Synth-Pop- und New Wave-Charme positiv auf.
So ganz richtig funktioniert aber der Mix aus Synth-Pop-Melancholie mit diesen eher nach Dream- und Düster-Pop klingenden Gesang nicht bei mir. So ist dann wieder „Spellwork“ weniger was für mich – mit der Nummer hätte man beim ESC aber sicherlich Chancen auf einen Platz in den vorderen Reihen.
Wenn die Songs aber gemächlicher im Tempo sind, dann passt dass wieder ein wenig besser, so wie bei „The Choke“. So ist das jetzt ein Song gut, dann wieder einer nicht so meins, dann wieder einer gut – usw. Mal schauen wie das endet?
Aber auch mit „Hate Crime“ gelingt Austra ein feines Synth-Pop-Stück. Hoffen wir das der Synth-Pop-Electronika-Anteil jetzt weiter höher bleibt als der der Dark Wave-Stücke. Dark Wave-Fans könnten das aber wiederum ganz anders sehen. Erstmal geht es aber eher im Pop-Modus weiter. Austra klingen wegen ihres manchmal doch schon pompösen Sounds, so wie bei „The Villian“ auch wie eine elektronische Variante von Florence & the Machine – aber dass sind dann auch die Stücke, die mich eher langweilen – weil mir da die rein elektronischen Sounds einfach zu wenig sind. Danach aber gehts mit „Shoot the Water“ im Synth-Pop-Modus weiter und der Song hat sogar mal was ganz eigenes und ist nochmal richtig gut. Dann fällt das Endergebnis dieses Kennenlernens von Austra doch überwiegend positiv aus, weil auch noch „The Noise“ überzeugen kann und „The Beast“ nehmen wir noch als Indie-Folk am Ende mit. Das Debüt schreckt damit nicht vor ein weiteres Hören der nachgelegten Alben von Austra ab.
Drei junge Musikerinnen sind „Automtatic“ und sie spielen klassischen Post-Punk mit dem Wissen von Heute. „A New Beginning“ eröffnet recht flott die Platte und nimmt einen sofort mit. Der Anfang von „On the Edge“ hätte auch eine Joy Division Nummer sein können. Und ja, der Einsatz von Synthisounds und Rhythmusgerät erinnert auch an frühe New Order-Platten – aber im positiven Sinne. „Skyscraper“ gibt dem Synthesizer noch mehr Raum. „Realms“ ist was ruhiger, aber „Venus Hour“ kommt dafür ganz flott daher. Nach Krautrock von „Neu!“ klingt der Rhythmus von „Automation“ – passt aber sehr gut zum Album und zum Song. Da das bisher alles nicht zu düster klingt, hat die Platte sicher auch bei AlternativeRock- Fans eine gute Chance. „Teen Beat“ ist ein sehr gutes Beispiel dafür, wie geschickt es die drei von Automatic verstehen, Songs zu konzipieren oder zu dieser Ehre kommt Producer Joo-Joo Ashworth oder alle zusammen. Mit „NRG“ steigt der New Wave-Anteil und auch „Lucy“ klingt nach „Tubeway Army“ und ähnlichem. Am Ende „Turn Away“ befriedigt noch die „The xx“ Fangemeinde. Gute Platte.
Die Indie und Dance Punk Band aus New York habe ich durch eine Zeitschriften-Rezension kennengelernt und ihr Album „Moon2“ aus dem Jahre 2018 fand ich so gut, dass ich auch wissen wollte wie sie zu Anfang geklungen haben. Auf „Moon2“ präsentierten sie aktuellen Synthpop mit Soul und Disco Touch.
Vor diesem offiziellen Debütalbum gab es noch eine selbst herausgebrachte Veröffentlichung und zwei EP´s. „Ice Level“ gilt aber als ihr erstes offizielles Album.
Der erste Song „No F“ ist eine äußerst ungewöhnliche Mischung aus Indie-Rock/Pop und Soul. Mit so einem Song gewinnt man direkt Aufmerksamkeit, da die Mischung doch recht selten so geschickt präsentiert wird. Und man würde das sofort gerne mal live erleben. Toller Einstieg. Und der „Soul“ bleibt auch beim Titelstück „Ice Level“ erhalten. Der Gesang von Sängerin Felicia Douglas spielt bei diesen Soulstücken eine prägnante Rolle, aber auch der musikalische Unterbau und Produktion und Ausführung sind bei den ersten beiden Stücken mehr als nur gelungen. Erinnert an die Stücke des Lauryin Hill-Soloalbums – ist nur um ein vielfaches besser, weil viel viel Abwechslungsreicher.
Mit „Stages“ nehmen sie mich problemlos weiter mit. Das ist jetzt weder Synthpop noch Dance-Punk wie sie es auf ihren späteren Alben mehr machen. Das ist einfach ganz moderner Soul mit klassischer Note. Ganz großartig was Ava Luna da zusammen spielen. Ein mitreißendes Stück jagt da das nächste. So machen auch „Wrenning Bay“, „Sebuential Holdings“ teils mit auch sehr funkiger Note Spaß und auch der sehr authentische Neo-Soul-Touch trägt zum gelingen der Stücke bei. Im Gesang wird Felicia Douglas mit zunehmender Lauflänge auch von Sänger/Gitarrist Carlos Hernandez unterstützt.
Wer seinen Soul mal aktualisiert hören, dabei aber auf gute Instrumentalisten nicht verzichten möchte ist bei dem Album genau richtig. Lange nicht mehr so ein Spaß gehabt bei einem Soulalbum – dass nicht von einem Veteran dieses Musikgenres aufgenommen wurde. Das liegt aber auch an dem tollen Songmaterial der Band, dass sich in vielerlei Hinsicht vom Mainstream-Soul aus dem Radio absetzt. Ganz grandioses Soul-Album.
Das Trio namens „A Void“ lernte ich als Vorgruppe von „Sorry“ kennen und ich war vom ersten Takt an vollauf begeistert. Ein Lächeln erschien auf meinen Gesicht und ich hatte den ganzen Auftritt lang großen Spaß an dem was ich da hörte: schöner, guter, solider Grunge-Sound. Als ob die „Smashing Pumpkins“ oder eine ähnliche Band da spielen würden. Das war dann leider schleicht für Sorry, da sich meine Begeisterung auf deren Auftritt dann nicht mehr wiedereinstellen wollte.
Also über Bandcamp die CD bestellt, die nach einem gescheiterten Versuch – aber durch freundliches Nachfragen von Frontfrau Camilie Alexander per Mail – dann noch noch geklappt hat. Das „ö“ in meinen Vornamen ist für den internationalen Versand nicht gut (ich schreib den jetzt immer mit „oe“).
Also einlegen und los hören. Sie beginnt mit dem zweiteiligen „Sad Events Reoccure“ und direkt ist man drin in den besten Rock-Sound-der-jemals-erfunden-wurde. Tolle Gitarrenriffs, fette Drums und dieser einnehmende Gesang von Camille Alexander – die ein wenig wie eine Mischung Gwen Stefani und Madeline Juno klingt – die aber direkt auch Screamo-Fähigkeiten mit einfließenden lässt. Wer „Smashing Pumpkins“, „Silver Chair“, „Nirvana“ mag – wird das mögen – ganz ganz sicher.
Dies gilt dann eigentlich auch für das Restmaterial der Platte. In-Your-Face-Rockmusik- mit Punk-Attitüde und diesen einzigartigen 90er-Jahre-Alternative-Rock-Sound und genau diesen Sound liebe ich total – es sind zwar harte Riffs drin – aber die Musik ist dadurch nicht automatisch nur „heavy“ – die Melodien lassen genug Raum für Emotionen und heftigste Gefühlsausbrüche. Die Songs klingen auch nicht alle gleich, sondern variieren schön, obwohl bei zwölf Stücken auch ein oder zwei ruhigere Stücke dabei sein hätten können – aber „ruhig“ scheint nicht ihr Ding zu sein. Schön das der Grunge noch von jungen Musikern weitergelebt und gespielt wird. Bitte bitte mehr davon. Und „A Void“ dürfen gerne auch als Hauptakt die Konzerthallen füllen.
Aztec Camera war die Band um den schottischen Musiker Roddy Frame, der mittlerweile als Solokünstler unterwegs ist. Die Musik zeichnete sich durch Texte und Melodien aus, die wie die von Elvis Costello und Crowded House klingen. Das Album „Dreamland“ wurde von Ryuichi Sakamoto produziert – was man auch durchaus hört. „Birds“ klingt wirklich wie eine Nummer von Sakamoto. Dadurch erhält der Song und auch einiges von dem Restmaterial der Platte einen eher nach 80er klingenden Sound aufgedrückt. Nach Crowded House klingt „Birds“ wirklich. Liegt auch an der Stimme von Roddy Frame, die auch wie die von Neil Finn klingt. Das Crowded House-Feeling bleibt auch bei „Safe in Summer“ und „Black Lucia“ erhalten. Melancholischer Pop. Das ist aber auch das Markenzeichen von Aztec Camera. Etwas Abwechslung bringt das fast akustische „Spanish Horses“ welches auch flotter daher kommt .- und als ein Höhepunkt der Platte gewertet werden kann. Bei „Dreams Sweet Dreams“ hört man dann, warum Aztec Camera auch mit Elvis Costello verglichen wird. „Pianos and Clocks“ ist eine schöne folkige Singer/Songwriter-Nummer. Ab „Spanish Horses“ kann die Platte wirklich noch an Überzeugungskraft gewinnen – da hier die Musik doch etwas zeitgemäßer klingt und das Material abwechslungsreicher daherkommt, so kann auch – trotz wieder mit großer Ähnlichkeit zu Crowded House „Sister Ann“ punkten. „Vertigo“ ist dagegen wieder eine eher altertümliche Pop-Nummer. Wenn Sakamoto der Musik mehr Keyboards aufdrängt – ist das bei der gesamten Platte eher störend als hilfreich. Das etwas mehr nach Soul-Ballade klingende „Valium Summer“ - ist schon kitschig, aber irgendwie mag ich den Refrain zu sehr, um das schlecht zu finden. Mit „The Belle of the Ball“ endet die original CD noch ein weiteres mal mit einer melancholischen Pop-Nummer. Die Neuausgabe hat noch ein Duett mit Andy Fairweather-Low, den Song „(If Paradise is) Half as Nice“ als Bonustrack zu bieten.
Wer Crowded House sehr mag und unaufdringliche ruhige – ab und an melancholische Musik mag – der müsste sich mit dem Album anfreunden können.
Dann ist da aber noch die Bonus-CD mit einem Liveauftritt von 1991 bei dem auch schon Material von „Dreamland“ zu hören war. Bei „Birth of the True“ hört man nur Roddy Frame, der sich selbst an der Gitarre begleitet und das ist dann Singer/Songwriter/Folk in einem Pub gespielt. Darf ruhig so weiter gehen. Und anscheinend bleibt es dann auch bei der Solovariante, denn mit „Song for a Friend“ geht es im gleichen Stil weiter. Als Pub-Songs funktionieren die Songs von Roddy Frame auch wirklich gut – weil durch die Einfachheit eine schöne Intimität den Songs hinzugefügt wird. So wird diese Live-CD zum Glücksfall, der den Kauf der Wiederveröffentlichung auf jeden Fall rechtfertigt, da die Schwächen der eigentlichen CD hiermit mehr als ausgeglichen werden. Von der Gitarre wechselt Frame während des Konzerts auch mal ans Klavier. „Spanish Horses“ bringt dann zusätzliche Musiker auf die Bühne, so dass der Song in der gleichen Qualität auftrumpfen kann, wie später auf CD.
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